Die Seele fühlen

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Spirituelle Lehrer sprechen oder schreiben über die Seele, als einen Bewusstseinszustand, in den wir hineinwachsen können. Ein Beschreibung von Sri Krishna über die Seele, in der Bhagavad Gita besagt Folgendes:

„The soul is ancient, permanent, eternal, immutable and all-pervading. Weapons cannot cleave it. Fire cannot burn it. Water cannot drench it. The wind cannot dry it.“

„Die Seele ist uralt, beständig, ewig und alldurchdringend. Waffen können sie nicht zerstören. Feuer kann sie nicht verbrennen. Wasser kann sie nicht durchnässen. Wind kann sie nicht trocknen.“

Wir alle kennen verschiedene Bewusstseinsebenen oder Zustände, vor allem den Verstand mit den zahllosen Gedanken und den Körper und seine Bedürfnisse. Sri Chinmoy beschreibt zudem das Vitale, das Haus der Gefühle, die mit unseren Wünschen zusammenhängen. Nun haben wir alle schon mal von der Seele gehört, doch wie können wir sie fühlen oder wahrnehmen?
Als Kind fragte ich mich oft, was ist Unendlichkeit? Dann zählte ich die Holzpaneele an der Decke, bevor ich einschlief. Ich dachte einige Zeit intensiv über diese Frage nach, bis ich zu dem Schluss kam, dass man Unendlichkeit NICHT DENKEN kann. Weiter kam ich leider nicht, da ich nicht wusste, wie man NICHT DENKT. Ich war damals vielleicht 8, 9 oder 10 Jahre alt. Meine Suche nach Unendlichkeit wurde auf später verschoben.

Als ich lernte zu meditieren, wusste ich, dass ich gefunden hatte, was ich suchte.  Zu Beginn der Meditationspraxis ist es so, dass man zuerst mal ein paar Dinge verlernen muss, denn unser ganzes Leben wurde der Verstand mit jeder Menge nützlichem oder auch unnötigem Material gefüttert. Es  hilft, sich  auf die Einfachheit, die man  vielleicht in der Kindheit erlebt hat, zu konzentrieren. Deswegen sind Meditationsübungen an sich immer  recht einfach und effektiv, wenn man sie regelmäßig praktiziert. Als ich die Frage über die Seele übersetzte, war ich erstaunt, wieviele verschiedene, nennen wir es Meditationstechniken Sri Chinmoy aufzeigt, um die Seele zu spüren. Vielleicht habt ihr mal die Zeit sie alle auszuprobieren, denn sie sind alle sehr verschieden und doch ist das Ziel ja das gleiche. Die Meditationstechnik, die euch am meisten Freude und Erfüllung schenkt, ist diejenige mit der ihr ans Ziel kommt.

Frage: Wie können wir lernen zu fühlen, dass wir die Seele sind und nicht der Verstand oder der Körper?

Sri Chinmoy: In Indien gab es einen spirituellen Meister mit den Namen Sri Ramana Maharshi. Er verglich den Körper mit einem Bananenblatt. In Indien, vor allem im Himalaya, essen wir zu festlichen Anlässen unsere Mahlzeit auf einem Bananenblatt und nachdem wir gegessen haben, werfen wir das Blatt weg. Sri Ramana Maharshi sagte, dass die Seele den Körper auf diese Weise benutze und den Körper zu seiner auserwählten Stunde verlasse und ihn als nun nutzloses Instrument ablege. Es ist die Seele, die die ewige Verbindung zum Supreme* besitzt und nicht der Verstand oder der Körper.

Um zu erkennen, dass du nicht der Verstand sondern die Seele bist, musst du als erstes über den Verstand hinaus gehen. Es gibt zwei Wege dies zu tun. Einer ist, nach oben durch die verschieden Ebenen des Verstandes zu gehen und dann darüber hinaus zu gehen. Der andere Vorgang ist, das Licht von den höheren Ebenen in den Verstand herunter zu bringen. Wenn das höhere Licht in den Verstand herabsteigt, wird der Verstand währenddessen kein Hindernis für die innere Verwirklichung oder unser bewusstes Einsseins mit der Existenz der Seele bleiben.

Wenn du fühlen willst, dass du die Seele bist und nicht der Verstand, kannst du das durch Kontemplation oder durch intensives Vertrauen erreichen. Wenn du auf das spirituelle Zentrum mit dem Namen Sahasrara** meditieren oder dich darauf konzentrieren kannst, lernst du zu fühlen, dass du die Seele bist und nicht der Körper. Dieses Zentrum befindet sich oben auf dem Kopf. Wenn du dich erfolgreich darauf konzentrieren kannst, wirst du sehen, wie dein begrenztes physisches Bewusstsein langsam und stetig deinen physischen Körper verlässt. Zu diesem Zeitpunkt wird der physische Verstand, der dich bindet, dich ebenfalls verlassen. Dann wird was du in dir, außerhalb und um dich herum hast, die Seele sein. Zu diesem Zeitpunkt wirst du fühlen, dass du die Seele bist und nicht der Körper oder der Verstand.

Eine andere Möglichkeit über den Verstand hinauszugehen, ist, sich auf das Dritte Auge***, das Auge der Vision zu konzentrieren. Wenn du all deine Aufmerksamkeit darauf fokussieren kannst, wirst du Intuitionsblitze wahrnehmen, die dich dazu befähigen werden, jenseits des Verstandes zu schauen. Du kannst dich auch auf das Herz**** konzentrieren. Wenn du dich darauf richtig und seelenvoll konzentrieren kannst, wird die innere Flamme, die Strebsamkeit ist, vom Herzzentrum zum Kehlkopfzentrum, zum Dritten Auge, und schließlich zu Sahasrara, dem Tausenblättrigen Lotus auf dem Scheitel des Kopfes aufsteigen. Wenn dieses spirituelle Zentrum ganz geöffnet ist, gehst du automatisch über den Verstand hinaus.

Für gewöhnlich ist es schwierig, sich auf das Dritte Auge zu konzentrieren, weil wir dort nicht sofort Freude oder ein Gefühl der Erfüllung wahrnehmen. Wenn du dich aber auf das Herz konzentrierst, wirst du Liebe, Frieden, Erfüllung und grenzenlose Freude fühlen. Du konzentrierst dich oder meditierst vielleicht 6 Monate lang auf dein Drittes Auge und fühlst die ganze Zeit, dass du durch eine öde Wüste gehst. Wenn du vorbereitet bist, auf einer öden Wüste zu gehen und trotz der Frustration damit fortzufahren und fortzufahren, dann kannst du es versuchen. Wenn du dich aber auf das Herz konzentrierst, wirst du an dem Tag, an dem du aufrichtig und seelenvoll beginnst, ein Gefühl von Freude, Frieden und Errungenschaft erhalten.

* das Höchste (Gott)
** Scheitelchakra
*** in der Mitte der Stirn, etwas oberhalb der Augenbrauen
**** spirituelles Herz in der Mitte der Brust

Sri Chinmoy, Mind confusion and heart-illumination, Part 1, Agni Press, 1974